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Dabei sein, mit machen, verlieren... |
Wir, die Bodenseefraktion, bestehend aus Jojo, Fenja und mir, sind am
12.01.13 zusammen zum zuschauerarmen, aber dennoch illegal guten Slam ins Gotec
getingelt, das zwar eigentlich eine Technodisco ist, aber manchmal eben auch
irre Literatenluschen wie uns beherbergt. Alleinig durch die Zugfahrt waren wir
meilenweit vom Alltag entfernt. Allein mein veganer Schoko- Heidelbeerkuchen
war der reinste Genuss. Voller Ungewissheit, jedoch mit dem Wissen, dass es ein
wunderbarer Abend werden würde, begaben wir uns auf den Weg. Die
Ahnungslosigkeit und nicht einmal selbstüberzeugenden Texte waren unsere Begleiter.
Fenja, Jojo und Ich – Wir alle fragten uns, warum wir das eigentlich machen.
Fährt man ins Gotec um zu slammen?
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Hehe, ist ja auch von mir... |
Wir gehen spielen, tanzen gehen wir. Denn die Technodisco und
Retrogames sind das Urgestein der Antriebskraft. Das Gotec ist jedoch nicht nur
eine Technodisco, sondern beinhaltet auch ein Spielautomatenmuseum, das unter
dem Namen Retrogames bekannt ist und in dem man stundenlang alte Automaten
ausprobieren kann.
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Übung macht den Slamer... |
Der Slam war gut besucht. Die 10 min Grenze habe ich gnadenlos unterschritten. Fenja hatte einen
Brüller losgelassen, der zum Brüllen war und Jojo war die Siegerin der Herzen.
Ihr erster Auftritt war ein voller, ungekürter Erfolg. Nach dem Slam gab es
erst mal eine Pizza und für Jojo meinen und Fenjas Pizzarand. Unsere Stärkung
vor den vielen Daddel-Schlachten.
Retrogames als selbstunterhaltendes Unterhaltungsmuseum
schluckte die Zeit von Fenja und Jojo. Ich ging, nach einer recht kurzen
Verweildauer, in den minimalistischen Aggregatzustand über, sprich: tanzen. In
den vier Stunden hatte ich ganze Fußballmannschaften an statisch
tanzenden Tänzern um mich gescharrt. Einer zückte sogar sein nicht unmodernes
Handy, um bewegte Bilder zu machen. Meine Zeit
verrann im Viervierteltakt, der gleiche Beat. Als Jojo dann die Lust am Knöpfe
drücken verging, kam sie, ging krautstampfen. Zusammen zelebrierten wir ein
unschlagbares Duett an minimalistischen Bewegungsvarianten auf dem Parkett.
Fenja erfand den Baum.
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Techno-Tänzer-Typographie, nach
Fenja:
Eine kleine Einführung in die Welt des Minimal-Techno
Der Baum:
Der Baum gehört zu den schwierigsten Tanzstilen, ist aber
auf jede Musik anzuwenden. Er steht, die Hände tief in den Taschen vergraben,
die Füße fest mit dem Boden verwurzelt, mitten auf der Tanzfläche. Wenn sich
etwas an ihm bewegt, sind es allenfalls ein paar Härchen im Luftzug der
anderen. Seine Stärke ist die Fähigkeit zum Beobachten der anderen
Discobesucher, er scheint aber (zumindest äußerlich) weniger Freude an der
Musik zu haben.
Der Krautstampfer:
Ist unter den Technotänzern am häufigsten vertreten, weshalb
dieser Stil auch als Grundschritt gelten kann. Abwechselnd wird, mehr oder
weniger passend zum Takt, kräftig mit den Füßen aufgestampft. Als
Zwischenschritt wird oft ein kleiner Tappser eingefügt, in etwa so, als würde
man zuerst den Boden auf seine Tragfestigkeit überprüfen. So wird aus dem
reinen Trampeln ein elegantes Tipp – BÄM – Tipp – BÄM – Tipp – BÄM.
Je nachdem, ob die zusätzlich verwendeten Armbewegungen eher
zackig-forsch oder geschmeidig-wabbelnd ausfallen, kann aus dem Krautstampfer
auch der Möchtegern-Macho oder die Qualle werden.
Die Turteltaube
Diese Figur braucht am meisten Platz, da sie mit leicht
abgeschwächtem Tipp-Bäm-Tipp-Bäm-Schritt in schnurgerader Linie quer über die
Tanzfläche wandelt, wobei der Kopf taubenartig vor- und zurückruckelt.
Der
Schulausflug-auf-die-Toilette-Müsser
Ein eher selten zu sehender, aber umso amüsanterer Tanzstil.
Der Ausübende behält die ganze Zeit seinen fast leeren Rucksack an, hebt die
Füße beim Grundschritt aber nur geringfügig, sodass der Eindruck entsteht, er
müsse sich ein dringendes Geschäft verkneifen.
Der Storch
Ein faszinierender Stil, der sich dadurch auszeichnet, dass
der Grundschritt ins schier Unendliche übertrieben wird. Der Tänzer zieht die
Knie so weit es geht nach oben und stampft-springt-hüpft turbulent über die
Tanzfläche. Das Ganze hat allgemein etwas von Aerobic.
Die schwergewichtige Fee
Trotz dem Namen kann die schwergewichtige Fee von Personen
jeden Gewichtes problemlos getanzt werden – sofern sie die nötigen Fähigkeiten
für diese durchaus anspruchsvolle Art des Technotanzes besitzt, stellt sie doch
den Gipfel der Übertreibung dar. Vorausgesetzt ist natürlich der übliche
Krautstampfer-Grundschritt, allerdings schafft es die schwergewichtige Fee,
einerseits grazil auf ihrem schulterbreiten Fleckchen Platz, das sie genügsam
beansprucht, armschlenkernd hin- und herzuschweben, andererseits tritt sie so
fest auf, dass das Dröhnen ihrer Schritte der Musik eine unerwartete Würze
verleiht. Wie das zusammenpasst, ist unerfindlich, aber offensichtlich geht’s.
Der Pharao
Er ist eine höchst seltene Erscheinung, weshalb er in dieser
Typologie als letzter erwähnt wird. Allerdings strahlt er seinen Reiz dadurch
aus, dass seine Handbewegungen tatsächlich eins zu eins von den Malereien aus
der Cheops-Pyramide entnommen sind.
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Am Morgen danach... |
Fenja, der Baum musste sich schließlich von der vielen Tänzersynthese
erholen und begab sich in den nicht deutlich (minimalistisch) leiseren Raum über
der Disco, wo Jojo und ich sie in den frühen Abendstunden, umhüllt von
nächtlichem Efeu wiederfanden. Nachdem Jojo und ich
ein paar Minuten geschlafen hatten, beschworen wir alle gemeinsam auf der
privaten Toilette mit Lemontree und Halleluja unsere morgendlichen Kräfte,
wobei mir eine Tasse Kaffee lieber gewesen wäre. Mit nach Rosen oder ähnlichem duftendem
Mund- und Rachenraum fuhren wir schließlich
wieder zurück in die ungleichförmige Routine. Am Bahnhof gab es dann noch einen
kulinarisch köstlichen Kaffee zum Kinderdonut.
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S Kind isch zufriede! |
Auf der Rückreise trafen wir den Bahnangestellten unserer Herzen, den
wir lange nicht vergessen werden, denn „Stille Wasser sind tief… und dreckig!“.
Wir träumten im (Zu-)Rückzug gemeinsam von einem tripple Namen. Johannisbeerschorle
war unser deutlicher Favorit, weil wir Johanna einfach in Team H2O mit H2CO3,
kurz Wasser mit Blub, einbasteln würden.
Unser neu deklariertes Motto nach der tollen Nacht: „halb taub,
aber glücklich!“.
Happy End
Eure Julia